TTCRM @ Tactica 2022 - Der Schnitter von Hanau

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TTCRM @ Tactica 2022 - Der Schnitter von Hanau

Beitrag von Zigor » Do 29. Sep 2022, 08:18

der-schnitter-von-hanau---silver-bayonet.jpg
Am ersten Oktober-Wochenende fahren Phil und Zigor nach Hamburg, um die Fahne des Tabletop Club Rhein Main hochzuhalten. Phil hat eine fantastischen SILVER BAYONET Platte gebastelt und die passenden Figuren dazu wundervoll bemalt.

Unser Szenario spielt am Abend nach der Schlacht von Hanau im Jahre 1813. Die aus Hammersbach stammende Autorin Tanja Bruske hat dazu eine Kurzgeschichte verfasst, die den Rahmen für das Szenario einleitet...

Hanau, Rodenbacher Chaussee, Montag, 1. November 1813

Bleiche Schwaden lagen wie Fetzen von Leichentüchern über den Straßen und Feldern. Wilhelm
überlief ein kalter Schauer bei diesem Anblick.
„Wenn ich nur daran denke, dass noch vor einem Tag nicht weit von hier tausende von Menschen
gestorben sind“, sagte er leise. Seine Stimme klang unheimlich in der hereinbrechenden
Dämmerung.
„Zum Glück haben die Verbündeten Hanau zurückerobert“, meinte Jacob, der neben ihm ritt. „Ich
fürchtete schon, die Stadt würde in Napoleons Hand bleiben.“
Diese Bemerkung veranlasste Wilhelm zu einem Grinsen. Davon, dass sein älterer Bruder noch bis
vor einigen Jahren im Dienst von Jérôme Bonaparte gestanden hatte, war nichts mehr zu spüren.
Der Schrei eines Raben wischte Wilhelm das Grinsen vom Gesicht und erinnerte ihn daran wo sie
sie befanden.
„Wir hätten in dem Dorf bleiben sollen.“ Es gelang Wilhelm nicht, das Unbehagen aus seiner
Stimme zu verbannen.
„Meine Rede.“ Jacob stieß ein missmutiges Schnalzen aus. „Ich darf dich daran erinnern, dass es
dein Wunsch war, so schnell wie möglich zum Hofgut Trages aufzubrechen? Die von Savignys
erwarten uns unter diesen Umständen bestimmt noch gar nicht. Aber ich ahne den Grund für deine
Eile.“
Wilhelm hoffte, dass sein Bruder in der zunehmenden Dunkelheit sein Erröten nicht bemerkte.
Natürlich hatte er vollkommen recht: Wilhelm konnte es nicht erwarten, Jenny wiederzusehen – die
wundervolle, etwas wilde Jenny von Droste zu Hülshoff, die er vor einigen Monaten kennengelernt
hatte. Als er erfahren hatte, dass sie zu Besuch bei den Savignys auf Hofgut Trages bei Freigericht
weilte, musste er seinen Bruder einfach dazu überreden, die alten Freunde zu besuchen. Es war
nicht besonders schwer gewesen, denn meist ergaben sich auf solchen Reisen interessante
Fundstücke für ihr gemeinsames Projekt. Und die Brüder Grimm waren auf Hof Trages stets
willkommen.
Sie hatten nicht ahnen können, dass ihnen eine Schlacht den Weg versperren würde. Gewiss,
Napoleons Truppen hatten bei ihrem Russlandfeldzug Europa verwüstet, und die
Widerstandstruppen, die sich seit seiner Niederlage gebildet hatten, machten die Lage nicht besser.
Nach Napoleons Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig hatte Wilhelm jedoch erwartet, dass
sich die Franzosen eilig aus den deutschen Gebieten entfernten. Stattdessen hatte Napoleon bei
Hanau noch einmal ein Exempel statuieren wollen.
Wegen der marodierenden französischen Armee hatten Wilhelm und Jacob nicht gewagt, den
gewohnten Weg über Fulda nach Hof Trages zu nehmen – entlang dieser Strecke wimmelte es von
Franzosen. Sie hatten stattdessen einen weiten Bogen geschlagen, waren mit der Kutsche über
Marburg gereist und waren am Vortag mit dem Ziel Frankfurt aufgebrochen. Da auch Frankfurt in
Französische Hand gefallen war, hatten sie zunächst in einem Gasthaus auf dem Lande ausgeharrt –
der Ort hieß Marköbel und war nach Wilhelms Empfinden kaum so groß wie eine Satteldecke–
dann hatten sie sich erneut auf den Weg gemacht. Dieses Mal zu Pferde, denn Kutschen fuhren
derzeit nicht – was durchaus verständlich war, wenn Wilhelm sich umsah. Hier, am Rande von
Hanau auf der Rodenbacher Chaussee, war es vielleicht nicht zu großen Kämpfen gekommen, doch
die Truppen hatten ihre Spuren hinterlassen. Das Erdreich war aufgerissen, die Straße zertrampelt.
Kein lebendes Wesen war weit und breit zu sehen.
„Und dann auch noch in der Nacht zu Allerseelen“, fuhr Jacob in seinem ungnädigen Tonfall fort.
Wilhelm schluckte. Jacob war nie derjenige von ihnen beiden gewesen, der an all die Geschichten
glaubte, die sie gemeinsam sammelten. Er betrachtet die Märchen und Sagen als sprachlich
interressante Forschungsobjekte, die es zu erhalten galt. Zumindest hatte er das bis vor zwei Jahren
getan. Bis sie ihre ersten Erfahrungen mit den Schnittern gemacht hatten.
„Jacob“ sagte er bittend.
„Komm schon, Wilhelm, du kennst die Legenden: Die Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen ist
voller Spuk und Zauber, und alle Geister und Gespenster schalten und walten frei. Um Mitternacht
fährt die Geisterkutsche hoch in den Lüften über Städte und Dörfer, ein feuerstrahlender Wagen mit
20 Böcken bespannt und gelenkt von einem toten Fuhrmann mit breitkrempigem Hut...“
„Jacob!“ Wilhelm konnte es nicht ertragen. Jacob tat so, als hätte es jene Nacht vor zwei Jahren
nicht gegeben – jene Nacht in Gotha, als sie, um eine besondere Legende zu notieren, den
Friedhofswächter in einem der umliegenden Dörfer aufsuchten. Was sie dort erlebt hatten, hatte sich
tief in Wilhelms Gedächtnis gebrannt, doch Jacob weigerte sich bis heute, darüber zu sprechen.
Stattdessen mokierte er sich nur über Geschichten von Untoten und Geisterwesen.
Wilhelm schauderte, als seine Gedanken zu jener Nacht zurückwanderten. Zu den Schnittern und
ihren grausigen Dienern. Und zu jenen, an deren Seite die Brüder Grimm gekämpft hatten.
Es wurde dunkler, die Straße wurde schlechter – ebenso, wie Jacobs Laune. „Wir sollten uns eine
Unterkunft suchen“, meinte er verdrießlich.
„Nein! Bis nach Hof Trages ist es nicht mehr weit!“ Wilhelm konnte es nicht abwarten, aus dieser
Umgebung zu entkommen. Doch er wollte in kein Gasthaus, er wollte unter Freunden zu sein.
In einiger Entfernung schälten sich die Umrisse von mehreren Gebäuden aus dem Zwielicht der
Dämmerung. Sie hockten da wie eine Herde verschreckter Schafe. Eines davon war beleuchtet.
Jacob wies darauf. „Da, dies muss das Rodenbacher Chausseehaus sein, von dem uns erzählt
wurde.“
Wilhelm schnaubte. „Du willst nicht wirklich in einem Bordell nächtigen?“
„Das ist doch nur ein Gerücht. Ich will vor allem von der Straße herunter.“ Ohne weiter zu
diskutieren, wandte Jacob sein Pferd und ritt auf die Gebäude zu. Wilhelm seufzte und folgte ihm.
Hatte sich sein Bruder etwas in den Kopf gesetzt, würde er ihn ohnehin nicht mehr davon
abbringen.
Sie waren nicht weit gekommen, als eine Gruppe Gestalten aus der Dunkelheit und vor sie trat.
Wilhelm erstarrte. In ihm stieg unweigerlich eine Ahnung auf.
Jacob hingegen wurde ungehalten. „Was soll das? Aus dem Weg!“
Eine der Gestalten kam näher. Eine höfliche Stimme erklang. „Ich fürchte, das kann ich nicht
zulassen. Ihr solltet euch von dem Gasthaus fernhalten.“
Jacobs Pferd fühlte den Unwillen seines Reiters und tänzelte. Er musste es straff zügeln. „Wer seid
Ihr, dass Ihr uns Vorschriften macht?“
Erkennst du das nicht, Bruder? Es ist wie damals!
Der Unbekannte deutete eine leichte Verbeugung an. „Generalmajor Friedrich von Steiner, zu Euren
Diensten. Ich bin Anführer einer Sondereinheit, die damit beauftragt wurde, einige seltsame
Vorgänge am Chausseehaus zu untersuchen.“
„Das Silberbajonett“, entfuhr es Wilhelm. Nun war es Jacob, der erstarrte.
Von Steiner drehte sich langsam zu ihm um. „Was habt Ihr gesagt?“
Wilhelm schwang sich von seinem Pferd. „Ihr seid eine Einheit des Silberbajonetts, nicht wahr?“
Das Misstrauen in der Stimme seines Gegenübers war nicht zu überhören. „Woher kennt ihr diesen
Namen?“
„Wir haben bereits mit dem Silberbajonett gegen die Schergen der Schnitter gekämpft.“ Wilhelm
neigte den Kopf. „Mein Name ist Wilhelm Grimm, dies ist mein Bruder Jacob.“
Ringsum erklang ein Raunen. Von Steiner sog hörbar die Luft ein. „Die Märchensammler! Ihr seid
Veteranen des Übernatürlichen! Das kann kein Zufall sein.“
Auch Jacob stieg von seinem Pferd ab. Sein Interesse war geweckt. „Zufälle gibt es nicht. Was
genau geht hier vor?“
Wilhelm sah ihn erstaunt an. Jacob erwiderte den Blick gelassen. „Ich habe meine Studien in diese
Richtung ebenfalls fortgesetzt, auch wenn du es nicht mitbekommen hast, kleiner Bruder. Ich wollte
lediglich nicht darüber reden.“
„Wir wissen nicht genau, was hier geschehen ist oder noch geschehen mag“, sagte von Steiner.
„Sicher ist nur, dass man eine junge Dame entführt und in dieses Gebäude gebracht hat. Ihre
zerstörte Kutsche hat man am Wegesrand gefunden, ein sterbender Diener konnte nur noch die
Information dazu überbringen – und dies hier.“ Er zog ein säuberlich zusammengelegtes Tuch aus
der Tasche und reichte es ihnen.
Wilhelm meinte, sein Herz müsse stehen bleiben. Er griff nach dem Tuch, in dessen Ecke ein
Wappen gestickt war, ein schwarzer Schild mit einem silbernen, geflügelten Barsch. Doch auch
ohne das Wappen hätte er das Tuch sofort an dem Duft erkannt, den es verbreitete: süß und mit
einer besonderen Note nach Papier und Tinte. Jennys Duft.
„Oh nein!“, flüsterte er.


Einige Impressionen von der CONflict2022, Fotos von Dennis Biegel
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Re: TTCRM @ Tactica 2022 - Der Schnitter von Hanau

Beitrag von Jensinion » Do 29. Sep 2022, 12:09

Cool :up Viel Spaß und viel Erfolg!

Ich schaffe es dieses Jahr leider nicht, obwohl ich aus dem benachbarten Stadtteil Harburg stamme ;)

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Re: TTCRM @ Tactica 2022 - Der Schnitter von Hanau

Beitrag von MacGuffin » Fr 30. Sep 2022, 10:28

Das mutet ja ganz vortrefflich an!
Viel Spaß in Hamburg!
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Re: TTCRM @ Tactica 2022 - Der Schnitter von Hanau

Beitrag von Zigor » Fr 30. Sep 2022, 21:36

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Danke, Aufbau fertig!
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