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Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Di 16. Jun 2020, 14:10
von Jensinion
Vor dem Hintergrund des aktuellen Stands unserer Überlegungen hätte ich hier mal einen ersten Vorschlag für das Szenario:

Die gotische Infanterie steht, größtenteils in einer Wagenburg versammelt, auf einem Hügel in Erwartung der Römer. Gotische Reiterverbände, die im rückwärtigen Gelände unterwegs sind, werden auf dem Feld erwartet, aber der genaue Zeitpunkt ihrer Ankunft ist ungewiss. Die Römer marschieren an und stellen ihre Truppen frei, wie sie es wünschen, auf. Sie sind entweder erschöpft und haben ein Kampfhandicap oder sie sind unkoordiniert und haben ein PIP-Handicap (was genau, könnten wir uns noch überlegen). Die Römer haben den ersten Zug.

Damit hätten wir sowohl historische Bedingungen (Truppenstärke und -zusammensetzung, Gelände, gotische Aufstellung, Überraschung durch gotische Reiterei, römisches Handicap, Römer mit erstem Zug) als auch eine offene Lage (römische Aufstellung, Zeitpunkt des Eintreffens der gotischen Reiterei).

Wir hätten Vorteile und Nachteile auf beiden Seiten:

Goten: +starke Hügelposition (Hügel größer als 2FE), +Überraschungsmoment durch Reiterei in Reserve, -Aufstellung vorab festgelegt, -unklarer Zeitpunkt für Eintreffen der Reiterei

Römer: +können Aufstellung selbst bestimmen, +starten in numerischer Überlegenheit durch das Fehlen der gotischen Reiterei, -Handicap für Kampf oder PIPs, -kennen weder Ort noch Zeitpunkt des Eintreffens der gotischen Reiterei

Könnte man damit eine einigermaßen spannende und ausgewogene Partie hinkriegen, die die historischen Gegebenheiten berücksichtigt, aber trotzdem ein freies Spiel ermöglicht? Was meint ihr?

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Fr 3. Jul 2020, 14:07
von Jensinion
Hier noch eine andere Darstellung des Schlachtverlaufs. Sie entstammt Martijn Nicasie, Twilight of Empire. The Roman Army from the Reign of Diocletian until the Battle of Adrianople, Univ. Diss., Amsterdam 1997 (cooles Buch, hab's mir per Fernleihe in die Uni-Bib liefern lassen), einer der wenigen Autoren, der seine Analysen mit Grafiken schmückt :lesen :)

Sie weicht in einzelnen Punkten von meiner - vor allem auf Brodka beruhenden - oben gezeigten Grafik ab. Hauptsächlich darin, dass Nicasie die sagittarii und scutarii, die unvorsichtigerweise die Schlacht eröffneten, auf dem römischen rechten Flügel platziert, mit der Begründung, dass es Eliteeinheiten der scholae palatinae waren und der "Platz der Ehre" in antiker Zeit traditionell die rechte Seite war.

Im Großen und Ganzen sind die Abbildungen aber deckungsgleich: römische Infanterie in der Mitte, Reiterei auf den Flügeln (der römische Klassiker halt ;-) ), Goten mit Hauptteil der schweren Infanterie innerhalb der Wagenburg, Angriff der verspätet eintreffenden gotischen Reiterei auf dem linken römischen Flügel. Was diesen Angriff betrifft meint er, dass die vorderen Einheiten der römischen Reiterei sich bereits zum Angriff auf das Wagenlager aufgemacht hatten, während der hintere Teil noch nicht vollständig aus der Marschkolonne heraus formiert war, so dass eine Lücke entstand, in die die gotische Reiterei gestoßen ist.
Nicasie_TwilightOfEmpire-1.jpg
Nicasie_TwilightOfEmpire-2.jpg
Nicasie_TwilightOfEmpire-3.jpg

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Fr 3. Jul 2020, 14:08
von Jensinion
Ich meine mittlerweile auch herausgefunden zu haben, wieso MacDowall im Osprey-Buch darauf kommt, die römische Reiterei des rechten Flügels in einer dünnen Linie auf der ganzen Frontbreite komplett vor der Armee zu positionieren. Es kommt darauf an, wie man die entsprechende Stelle bei Ammianus Marcellinus übersetzt:

Die Reiterei des rechten Flügels stand vor der Infanterie.

Die Reiterei stand auf dem rechten Flügel vor der Infanterie.

Die Mehrzahl der Übersetzungen folgt aber der zweiten Version, zumal das auch der römischen Praxis entspricht, die Infanterie im Zentrum und die Reiterei auf den Flügeln zu platzieren (und die Römer waren konservativ ;-) ). Meines Erachtens macht das wenig Sinn, die Reiterei in einer dünnen Linie vor die Infanterie zu stellen, für genau sowas sind ja die Plänkler da...

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Do 18. Mär 2021, 16:04
von Jensinion
Ich habe die relativ ereignislose (bis auf's Figurenmalen ;) ) Zeit des Dauerlockdowns genutzt, um meine Überlegungen und Theorien zu dem Wagenlager der Goten in einem Aufsatz für die "Slingshot", dem Magazin der Society of Ancients* (deren Mitglied ich bin), zusammenzufassen.

Vielleicht interessiert es ja jemanden :lesen

* Die SoA ist eine Organisation mit Sitz in Großbritannien für Leute, die sich für Geschichte und Wargaming im Zeitraum 3000 v.Chr. bis 1500 n.Chr. (also genau die Zeit, die auch DBMM abdeckt :D ) interessieren.

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Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Fr 19. Mär 2021, 07:31
von Theodenatas
Wahnsinn Jens, :bravo
das werde ich mir erstmal in Ruhe durchlesen. Das hier ist nur eine spontane Reaktion! :-)
:gott :up
Gruss
Carlos :omfg

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Do 27. Mai 2021, 21:45
von Jensinion
Ausgehend von meinen Theorien zur gotischen Wagenburg (siehe Artikelscan aus dem Magazin "Slingshot" oben) präsentiere ich weitere Überlegungen sowie Berechnungen zur Simulation der Schlacht von Adrianopel (378 n. Chr.) mit dem Regelwerk "DBMM". Es geht bei allen diesen Überlegungen um die Frage nach der Plausibilität dieser spezifischen Interpretation der Schlacht, nicht um eine, die absolut gültig und über jeden Zweifel erhaben ist (eine solche kann es aufgrund der spärlichen Quellenlage nicht geben).

Vorab noch einmal eine Klärung des Maßstabs bzw. der Größenverhältnisse, welche für DBMM mit 15mm-Figuren gelten (DBMM-Regelwerk, S. 3: "Representational Scales"). Die Spielplatte misst 1,8m x 1,2m. Spielinterne Maßeinheit sind "paces" (p), wobei 1p 0,75m in der Realität entspricht. Die Vorderkante der Basen hat stets eine Breite von 4cm, das sind laut Regelwerk 80p, was wiederum in der realen Welt 60m entspricht. Die lange Tischkante von 1,8m entspricht folglich in der Spielwelt 2700m.

Adrianopel DBMM-Spieltisch.jpg

Zuerst zur Wagenburg: Meine Berechnungen hatten ergeben, dass 2000 Wagen auf zwei parallele konzentrische Ringe verteilt einen Kreis mit einem Durchmesser von 955m ergeben (zur Erinnerung: das ist nur unwesentlich größer, als ein standardmäßiges römisches Marschlager für ca. 20.000 Mann!). Dies war die kleinere der beiden berechneten Größen, ich hatte auch eine für 3000 Wagen ermittelt, aber ich werde im Folgenden von der kleineren Anzahl ausgehen, weil die Tendenz ja sowieso bei vielen Historikern und Autoren dahin geht, die traditionellen Zahlenanagben für antike Schlachten als übertrieben zu bewerten. Ein Kreis von 955m Durchmesser hat in der DBMM-Welt auf dem Spieltisch einen Durchmesser von ca. 0,64m. Ich habe einen solchen Kreis auf der Abbildung eingezeichnet (blaue Nummer 1). Wie man sieht, kommt man zu einer realistischen, plausiblen Repräsentation der Wagenburg: Man kann sie auf einem standardmäßigen DBMM-Spieltisch errichten, ohne dass sie überdimensioniert, aber auch nicht unterdimensioniert erscheint. Man muss weder den Maßstab verändern noch den Tisch vergrößern oder anderweitige Regelmodifikationen vornehmen, um das Ganze irgendwie "passend" zu machen. Freilich passt der hintere Teil nicht mehr auf die Spielplatte, aber das hat keine gravierenden Konsequenzen, da die Schlacht "vorne" stattfindet (zudem lässt sich ja auch ein "normales" DBMM-Lager nicht aus dem rückwärtigen Raum angreifen, weil es mit den Hinterkanten den Spieltisch berührt). Möchte man die Wagenburg partout vollständig auf dem Spieltisch darstellen, könnte man den Tisch notfalls auch um ca. einen halben Meter vergrößern, aber das halte ich nicht für notwendig.

Als zweiten Punkt habe ich mir die Repräsentation der römischen Infanterie angeschaut. Ich bin von den - in meinen Augen realistischen - Angaben von Simon MacDowell in seinem Buch "Adrianople AD 378" (Osprey Publishing) ausgegangen. Ihm zufolge bestand die römische Armee aus ca. 15.000 Mann, die sich wie folgt zusammensetzten: 1500 Scholae (Kavallerie), 1000 Equites Palatinae (Kavallerie), 1500 Equites Comitatensis (Kavallerie), 5000 Legiones Palatinae (Infanterie), 6000 Auxilia Palatinae (Infanterie).

Hier interessiert vorerst nur die Infanterie, und zwar zuerst die Legionen (5000 Mann). Aus dem Strategikon des Maurikios, einem byzantinischen Militärhandbuch aus dem späten 6. Jahrhundert (dessen Gültigkeit in den grundsätzlichen Aussagen aber auch für das späte 4. Jahrhundert angenommen werden kann), erfährt man, dass die spätantiken Legionäre in 4, 8 oder 16 Reihen kämpften, wobei 8 Reihen üblich waren und insofern auch für Adrianopel angenommen werden können (siehe hierzu Simon MacDowell, Late Roman Infantryman 236-565 AD, Osprey Publishing). 5000 Legionäre in acht Reihen ergeben 625 Mann pro Reihe. Der MilitärtheoretikerVegetius hat am Ende des 4. Jahrhunderts geschrieben, dass ein einzelner Legionär in der Schlachtreihe einen Raum von 1m in der Breite und 2m in der Tiefe okkupierte (ebenfalls MacDowall, Late Roman Infantryman). Man kann also rechnen: 5000 Legionäre in 8 Reihen nahmen eine Breite von 625m und eine Tiefe von 16m ein. Übersetzt in den DBMM-Spielmaßstab sind dies ca. 0,42m x 0,01m (= 42cm x 1cm), was ziemlich exakt 10 aneinandergereihten Elementen entspricht, da ein Element Legionäre ("Blades") die Maße 4cm x 1,5cm aufweist. - Man könnte nun aus spielpraktischen Gründen den Einwand erheben, 10 Bd-Elemente seien zu wenig. Eine Lösung wäre, die Anzahl der Elemente auf 20 zu verdoppeln, um den Römern mehr Schlagkraft zu geben und das Spiel somit vermutlich ausgeglichener und damit spannender zu gestalten. Von der reinen Betrachtung des Maßstabs her ist das zwar problematisch (der vertikale Abstand zwischen den römischen Linien würde - in der realen Welt - mehr als 5m betragen), aber, wie gesagt, aus spielpraktischen Gründen ist das wahrscheinlich eine probate Lösung (es würde im Übrigen auch der Vorgabe in der spätrömischen DBMM-Armeeliste von "1 per 4 Bd" für die unterstützenden Bogenschützen besser entsprechen - dazu unten mehr). Ich habe deshalb in der Abbildung zwei Reihen Blade-Elemente eingezeichnet (das sind die vorderen beiden Reihen bei der roten Nummer 2). Auch hier sieht man wieder: die Größenverhältnisse bezogen auf den Spieltisch, aber auch in Bezug zum gotischen Wagenlager, erscheinen plausibel.

Neben den Legionen gibt es noch die 6000 Mann starken Auxilia Palatinae. Diese setzen sich in meinen Augen vorrangig zusammen aus den drei Gruppen 1. "ungebundene" Bogenschützen, 2. spezielle Bogenschützen zur Unterstützung der Legionäre (wobei Bogenschützen hier auf die Bewaffnung verweist, nicht auf den DBMM-Elementtyp "Bow") sowie 3. der Reserve, den Batavern. Mein Vorschlag wäre ein Verhältnis von 4000 Mann : 675 Mann : 1400 Mann.

Zuerst zur mittleren Zahl: Hinter den acht Reihen Legionären stand bei den spätantiken Römern üblicherweise eine (neunte) Reihe Bogenschützen, die über die Köpfe der Legionäre hinwegschossen und diese damit unterstützten (dies wird auch in DBMM berücksichtigt, indem solcherart unterstützte Blades einen "Rear Support" erhalten). (Zur neunten Reihe siehe ebenfalls MacDowall, Late Roman Infantryman.) Das ist auf der Abbildung durch die dritte Reihe bei der roten Nummer 2 repräsentiert (die Basen der Psiloi haben eine Breite von 2cm, obwohl es sich hier nur um eine Ein-Mann-Reihe handelt, aber das soll keine Rolle spielen...).

Links und rechts von den Legionären habe ich die "ungebundenen" Bogenschützen platziert (rote Nummer 3 - es handelt sich auf beiden Seiten um die exakt gleiche Anzahl, aber in zwei verschiedenen Anordnungen), die ebenfalls aus "Psiloi" bestehen (wobei man stattdessen vielleicht auch ein paar "Bow"-Elemente aufstellen könnte...?). Es handelt sich um jeweils 2000 Mann, die, wenn sie beispielsweise vier Reihen tief gestaffelt sind (die Bogenschützen konnten ja über die Köpfe ihrer Vordermänner hinwegschießen), eine Breite von 500m einnehmen würden (bei angenommenem Abstand von 1m pro Person, wie bei den Legionären - ich nehme hier eine rigidere und diszipliniertere Aufstellung an als ein ungeordneter, lockerer Haufen von Leichtbewaffneten früherer Zeiten). Das ergibt im DBMM-Maßstab, wenn man die Elemente nebeneinander platziert, eine Breite von ca. 32cm, d.h. 8 Elemente (wie auf der linken Seite dargestellt), eine entsprechend geringere Breite, wenn man die 8 Elemente anders platziert (wie auf der rechten Seite).

Zuletzt zur Reserve, den Batavern. In Ermangelung konkreter Angaben habe ich die Stärke der Reserve auf 1400 Mann angesetzt, das sind ca. 10% der Armee, was mir sinnvoll erscheint. (Simon MacDowall scheint eher von ca. 500 Mann auszugehen, wenn ich seine Auflistung in "Adrianople AD 378" korrekt verstehe...) Ich nehme für diese 1400 Mann eine Aufstellung in 4 Reihen an (was sie flexibler macht als eine dicht gepacktere Aufstellung in 8 oder gar 16 Reihen), so dass sich eine Breite von 350 Metern ergibt (wieder unter der Annahme, dass ein Mann einen Platz von 1m einnimmt). Das wären im DBMM-Maßstab ca. 24 cm, d.h. sechs nebeneinander stehende Elemente. In der Abbildung habe ich diese sechs Elemente aber abweichend in zwei Reihen zu je drei Elementen platziert (rote Nummer 4), aber das ist "Geschmacksache".

Fazit: Die Aufstellung sowohl der gotischen Wagenburg als auch der römischen Infanterie erscheint meines Erachtens sowohl von der Anzahl der Elemente als auch den Dimensionen plausibel. 40cm für die Legionäre, 100cm für die gesamte römische Infanterie, 64cm für die Wagenburg - alles passt perfekt auf eine normale Spielplatte und mutet von den Proportionen realistisch und "natürlich" an.

Außerdem ist hervorzuheben, dass annähernd die gesamte römische Infanterie mit der offiziellen DBMM-Armeeliste 2/78 LATE IMPERIAL ROMAN 307 AD - 408 AD aufgestellt werden kann, also mit einer fast legalen Liste, ohne sie sehr stark modifizieren zu müssen (außer bei den Blades, von denen laut Liste nur 16 Elemente erlaubt sind - es sei denn, man verzichtet auf die Lösung mit der Blade-Doppelreihe und stellt doch nur 10 Elemente auf, wie oben ausgeführt).

Das Ganze soll natürlich noch keine endgültige Aufstellung sein, keine finale Platzierung der Elemente (es fehlen ja auch noch sehr viele davon), sondern nur ein Versuch, ausgehend von den angenommenen Zahlen zu schauen, ob und wieviele von den Elementen prinzipiell auf die Platte passen und ob vor diesem Hintergrund eine sinnvolle Aufstellung machbar ist...

Die Frage nach der gotischen Infanterie/Kavallerie sowie der römischen Kavallerie folgt irgendwann später, wenn ich die Zeit finde. Dann wird der Spieltisch noch ein wenig voller :D

Gruß Jens

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Fr 28. Mai 2021, 11:31
von Jensinion
Kleine Nachbemerkung zu den Legionären ("Blades"): Mir war entfallen, dass man mit der offiziellen Armeeliste ja doch 20 Bd-Elemente aufstellen kann, indem man die 16 Ordinary Blades (Bd (O)) mit 4 Inferior Blades (Bd (I)) ergänzt.

Eine Begründung für diese Zusammensetzung der Legiones Palatinae ließe sich finden: Ammianus Marcellinus beschreibt eindrücklich, dass die Römer nach dem langen Marsch zum Schlachtfeld in der Mittagshitze ausgelaugt waren, ein Effekt, der von den Goten noch dadurch verstärkt wurde, dass sie die trockenen Büsche in Brand setzten, was die Hitze für die Römer noch unerträglicher werden ließ. Er schreibt auch, dass unter den Legionären viele Veteranen waren, was üblicherweise mit - in der Armeeliste nicht vorhandenen - Superior Blades (Bd (S)) repräsentiert wird. Man könnte diese Situation nun so simulieren, dass die Erschöpfung aus den Bd (S)-Veteranen Bd (O) werden lässt und aus den normalen Bd (O)-Legionären Bd (I). Dann bräuchte man auch keinen anderen manipulierenden Faktor (Abzug im Nahkampf oder ähnliches), um diesem Umstand Rechnung zu tragen...

Re: DBMM Demo auf dem Rhein Main Multiversum 2020

Verfasst: Sa 29. Mai 2021, 17:44
von Jensinion
Meine Monologe gehen weiter :geek: ;) :

Ich habe mich mit der Zusammensetzung der römischen Armee (Infanterie und Kavallerie) jetzt noch einmal detaillierter beschäftigt, auf der Basis von der Übersicht bei Simon MacDowall, Adrianople 378 AD, Osprey Publishing. MacDowall beruft sich auf die Notitia Dignitatum, einem spätrömischen "Staatshandbuch" über die administrativ-militärische Gliederung des Reiches, das mindestens über 15 Jahre nach Adrianopel entstanden ist, aber aus dem sich die Gegebenheiten zur Zeit der Schlacht von Adrianopel ableiten lassen. Es ist zumal die einzige Quelle, die einen Hinweis auf die Truppenzusammensetzung bietet - wenn man diese Quelle verwirft, lassen sich überhaupt keine validen Aussagen zu den Truppen bei Adrianopel mehr treffen...

Es ergeben sich einige geringfügige Abweichungen von meiner römischen Truppenaufstellung in der Abbildung oben, so dass ich diese Abbildung demnächst aktualisieren werden (sie muss ja sowieso um die Kavallerie-Einheiten ergänzt werden ;) ).

Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zusammensetzung der römischen Armee mit allen Elementen und ihrer Anzahl. Sie ist aufgrund der Literaturlage in Englisch, weil es einfacher war, die Bezeichnungen einfach zu übernehmen statt eigens zu übersetzen...

Adrianopel_Aufstellung_DBMM.jpg

Die DBMM-Armee umfasst etwas weniger als 600 AP (inklusive der Generäle, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind) und hat somit eine praktikable Größe für ein historisches Szenario.

Es gibt zudem einen großen Pluspunkt bei dieser Truppenzusammenstellung: Die Armee lässt sich komplett mit den in der offiziellen Armeeliste 2/78 LATE IMPERIAL ROMAN 307 AD - 408 AD aufgeführten Elementen aufstellen, d.h. wenn man - wie z.B. ich 8-) - die komplette Liste besitzt, kann man diese Adrianopel-Armee aufstellen und die Schlacht spielen, ohne dass man Elemente ergänzen (sei es neu kaufen und bemalen oder ausleihen) muss!

Die Armee ergibt von den Mengen her sogar eine fast legale Liste für die östliche Hälfte des Römischen Reiches! Einzig für sechs der zehn Cv (O) sowie zwei der vier LH (F) muss man auf die Westhälfte zurückgreifen, aber da diese auch Illyrien umfasst und es nicht unwahrscheinlich ist, dass Truppen aus dieser Region beteiligt waren, ist das in meinen Augen akzeptabel. Für die zwei Kn (F) muss man auf einen späteren Zeitraum zurückgreifen (Bedingung "only in eastern armies after 388 AD"), aber das sind dann auch schon alle "Unstimmigkeiten".

Zwei abschließende Anmerkungen noch zu der Truppenliste:

1. Die "Legionary Archers", d.h. der Truppentyp Ps (O), die den Legionären (Bd (O)) einen Rear Support geben, sind in der Liste nicht eigens aufgeführt, weil diese - MacDowall, Late Roman Infantryman, Osprey Publishing, zufolge - aus anderen Abteilungen (wohl den Auxilia Palatinae) für diese Aufgabe abkommandiert wurden. Da es sich um nicht allzu große Mengen handelte, kann man voraussetzen, dass einige der "Bow"-Einheiten einfach etwas reduziert wurden, was sich aber auf die Elementen-Mengen nicht signifikant auswirken muss.

2. In meiner Truppenliste ergeben sich für die einzelnen Bestandteile der Gesamtarmee leicht abweichende Mengen von den von MacDowall genannten. Er nennt in Adrianople AD 378 5000 Legiones Palatinae, 6000 Auxilia Palatinae, 1500 Scholae, 1000 Vexillationes Palatinae und 1500 Vexillationes Comitatenses. Die Mengen in meiner Liste lauten demgegenüber ca. 5000 Legiones Palatinae, ca. 5000 Auxilia Palatinae (diese Reduzierung erscheint aber insofern sogar stimmig, weil, wie eben gesagt, einige Bogenschützen ja zu den Legiones Palatinae abkommandiert wurden), 1600 Scholae, ca. 1000 Vexillationes Palatinae und ca. 2000 Vexillationes Comitatenses, weil das von den Summen besser passt und mir sinnvoller erschien.

Gruß Jens

Re: DBMM Szenario Adrianopel 378 AD

Verfasst: Sa 29. Mai 2021, 23:18
von Jensinion
Hier die überarbeitete Schlachtaufstellung, Version 1.1 ;) Die römische Armee ist jetzt vollständig aufmarschiert, die Goten fehlen nach wie vor (außer der Wagenburg, die aus rein spieltechnischen Gründen noch von der Kreisform in eine Vieleckform umgewandelt wird).

Die Truppen basieren auf meiner Tabelle im vorigen Post. Ich verweise auch noch mal auf meine Interpretation des Schlachtverlaufs, die ich weiter oben in diesem Thread (Seite 8) grafisch umgesetzt hatte. So wurde nach meiner Interpretation der linke römische Flügel vollständig aufgerieben bzw. in die Flucht geschlagen, was mich veranlasst, die Massierung der schweren Reiterei auf dem rechten Flügel zu vermuten.

Adrianopel DBMM-Spieltisch 1 1.jpg

Die roten Nummern bedeuten:

(1) Foot Archers. 6 Elemente Bw (O).

(2) Die Legionen. Insgesamt 24 Elemente (in zwei Reihen à 12 Elemente). An den beiden Flanken stehen jeweils 4 Elemente Bd (I), der Rest besteht aus 16 Elementen Bd (O). In der dritten Reihe stehen die unterstützenden Legionary Archers Ps (O), außer hinter den jeweils äußersten Bd (I), da aufgrund der in der Armeeliste stehenden Regel "2 per 6 Bd (I)" nicht ausreichend Ps (O) für alle 8 Bd (I) vorhanden sind.

(3) Die Auxiliartruppen auf der linken Seite direkt neben den Legionen. Insgesamt 8 Elemente, davon 4 Ax (S) und 4 Ax (O).

(4) Die Auxiliartruppen auf der rechten Seite, ebenfalls den Legionen unmittelbar benachbart. Insgesamt 8 Elemente, alle Ax (O).

(5) Die Reserve, die Batavi Seniores. 2 Elemente Ax (S). Da Ammianus Marcellinus die Batavi - und nur die Batavi - als Reserve explizit nennt, gehe ich davon aus, dass die Reserve nicht aus mehr Truppen besteht.

(6) Die mittelschwere und leichte Reiterei des linken Flügels, vor allem bestehend aus den Sagittarii und Scutarii. Dies waren - meiner Interpretation zufolge - die Truppen, die den ersten (unkoordinierten) Angriff starteten und kurz darauf von den überraschend herbei eilenden barbarischen Reiterverbänden in die Flucht geschlagen wurden. Laut einer (nicht ganz unmissverständlich zu interpretierenden) Stelle bei Ammianus war die Reiterei des linken (und auch des rechten) Flügels der Infanterie räumlich etwas vorgelagert. Die Truppen bestehen aus 2 Elementen LH (F), das sind die beiden ganz links hintereinander stehenden Elemente, sowie 6 Elementen Cv (O).

(7) Ein kleiner Verband schwerer, gepanzerter Reiterei könnte auch auf der linken Seite gestanden haben. Es handelt sich um zwei Elemente Kn (F).

(8) Die mittelschwere und leichte Reiterei des rechten Flügels, wie diejenige auf dem linken Flügel etwas nach vorne versetzt. Es handelt sich um 4 nebeneinander stehende Elemente Cv (O), daneben (ganz rechts außen) eine Kolonne leichter Reiterei, und zwar vorne 2 Elemente LH (F), dahinter 4 Elemente LH (O).

(9) Wie oben schon erwähnt vermute ich, der rechte Flügel hatte ein Übergewicht an schwerer Reiterei in Form von Cataphracts. Es handelt sich um 6 Elemente Kn (X).

Die Dimensionen sind nach wie vor realistisch und plausibel: Eine Breite von 720m für die Legionen *(siehe hierzu auch die Anmerkung unten), die gesamte Infanterie nimmt eine Breite von 1200m ein. Die gesamte Armee inklusive Reiterei erstreckt sich auf 2100m. Im Vergleich zum gotischen Wagenlager sieht das Ganze gut proportioniert aus.

* Nochmals eine Berechnung zu den Legionen (2): 5000 Mann in 8 Reihen ergeben nach wie vor 625 Mann pro Reihe. Bei einer - abweichend von der Berechnung in einem der Posts weiter oben - angenommenen Gesamtbreite der Legionen von 720m bedeutet das, dass jedem Mann ein Raum von 1,15m zur Verfügung steht. Das ist nur unwesentlich mehr als der aus den Quellen überlieferte Wert von 1m, der ja auch nur als ein Annäherungswert zu verstehen ist. Zudem ist anzunehmen, dass der Abstand zwischen den Männern nicht über die ganze Breite identisch ist, sondern zwischen den einzelnen Einheiten (gemäß der Notitia Dignitatum kann ja von mindestens sechs Einheiten ausgegangen werden) aus Gründen der Manövrierbarkeit etwas mehr Platz gelassen wird.

Die Zusammensetzung und Aufstellung der gotischen Armee folgt, wenn ich zurück aus dem Urlaub bin und auf die erforderliche Literatur zugreifen kann, ich habe nämlich nur Material für die Römer mitgenommen :lesen

Gruß Jens